Mittwoch, 1. August 2012

Stachelbeeren

Der Stachelbeerstrauch im Garten Edi ist offensichtlich alt und etwas vernachlässigt. Seine Äste sind zum größten Teil grau und irgendwie moosig, alt und morbide sehen sie aus. Aber überall sind Stacheln und schützen ihn mit widerspenstiger Zuverlässigkeit gegen Naschkatzen wie uns. Der Strauch scheint aber ein Freund der Vögel zu sein, sie lässt er geduldig an sich heran und erlaubt ihnen, an ihm zu zupfen und zu rupfen bis nicht nur alle Beeren auf dem Boden liegen sondern auch die dünnen Ästchen an denen sie hingen.

Vor dem Garten Edi war ich ein uneingeschränkter Freund aller Vögel, nun sehe ich sie etwas kritischer. Aber gut, sie waren zuerst hier und ich arrangiere mich mit allen Lebenwesen hier. Um aber wenigstens ein paar Stachelbeeren probieren zu können kramte der Mann ein Netz aus dem Werkzeugschuppen hervor und drapierte es liebevoll über unserem Strauch. Am nächsten Morgen waren allerdings schon wieder deutlich weniger Beeren an sondern unter dem Baum.

"Datt müssta unten zu machen! Kommen se ja alle rein, die Viecher! Sind ja schlau!" Der gute Nachbar. Danke schön, wird gemacht. Der Strauch sah aus als hätte Mutti ihm den Schal unterm Kinn zugebunden aber das half. So langsam reiften die Beeren, bekamen Farbe und wurden weicher. Wir warteten so lange es ging, sie wurden nicht süßer, nur überreif, was auch sehr interessant schmeckte.
Also startete der Mann unsere erste richtige Obsternte, denn bei den Erdbeeren waren Mäuse schneller gewesen und bei den Johannisbeeren die Vögel.


Eine ganze schöne Schale voll war das, für so einen alten, ranzigen und von Vögeln heimgesuchten Strauch doch eine feine Leistung. Ich werde einen Strauch-Experten ausfindig machen, der ihn vor dem nächsten Frühjahr ordentlich stutzt, tote Äste abschneidet und ihm hilft sich ein wenig zu erholen.
Zu einem Kuchen haben es die Beeren allerdings nicht geschafft, nicht mal nach Hause. Die Schale stand im Garten Edi während ein Tag voller Gartenarbeit vor uns lag und leider so ungünstig, dass man alle Nase lang an ihr vorbei marschieren musste. Schnapp, Schnapp und schon verschwand wieder eine kleine Hand voll im Mund. Schmatz, Schmatz und es hätte nicht mal für ein Törtchen gereicht. Und jeder der so viele Stachelbeeren auf einmal gegessen hat, hat dann vermutlich auch erst einmal genug für das Jahr. Ich zumindest.