Freitag, 3. August 2012

Jeden Morgen Brombeeren

Die Brombeersaison ist eröffnet und diesmal mache ich nicht meinen notorischen Fehler, mir gute Dinge aufzusparen. Denn manchmal wartet man zu lange und antizipierte Vorfreude verwandelt sich in ein Ärgernis, wenn man den Moment verpasst und nicht genutzt hat.

Auf den Garten bezogen sind mir die Johannis- und die Erdbeeren eine Lektion. Ich habe warten wollen bis sie perfekt gereift sind und das in ausreichender Menge und am Ende haben mir die Vögel gezeigt wer hier wann den Wurm fängt und ich stand da mit meinem langen Gesicht. NICHT NOCH MAL! Darum habe ich die erste komplett schwarz gefärbte Brombeere umgehend in den Mund gestopft, demonstrativ HA! gesagt und nun wandere ich jeden Morgen in aller Frühe mit Edi in den Garten und während sie diverse Veränderungen erschnüffelt und ihren Ball sucht, gehe ich mit einer meiner bunten Dosen hinter dem Haus herum und zupfe alles von der Hecke ab was schwarz ist. Und jeden Morgen ist die Dose voll von richtig dicken Brombeeren und dennoch scheint der Strauch noch ein paar Wochen jeden Tag neue, reife Früchte hervor zu bringen.

Wenn ich es so Recht bedenke, habe ich vorher nie bewusst Brombeeren gegessen. Ich erinnere mich an Brombeeren als Bestandteil der phänomenalen Beerentorte von Heinemann, als Dekofrüchte und Marmelade, aber ich habe noch nie ein Schälchen mit frischen Brombeeren gekauft. Im Moment kostet ein 125 Gramm Schälchen bei REWE etwas über 2 Euro. Und 125 Gramm sind NICHTS!
Da ich im Moment ziemlich viele Brombeeren esse, einfach weil sie da und meine sind und ich sie gepflückt habe, fühle ich mich jeden Tag sehr priveliegiert. Ich glaube, ich esse momentan jeden Tag das Äquivalent von 5-6 Euro an Brombeeren und irgendwie kam mir in den Sinn, dass Brombeeren schon ein klitzeklein wenig nach überdimensioniertem Kaviar aussehen.

Und dann sind Brombeeren auch ein Inbegriff von Kinderheits-Sommern, wo man an Büschen herumspazierte und sich die dicken Beeren mit kleinen Fäusten in den Mund steckte und Wörter wie Fuchsbandwurm so abstrakt waren wie Einkommenssteuererklärung. Ich hoffe, die Brombeeren im Garten Edi sind frei von Schädlingen, denn ich wasche sie aus Prinzip nicht. Die erste Hälfte stopfe ich direkt in meinen Mund und die andere nasch ich aus der Schale. Schon enorm, etwas zu essen was man hat entstehen und wachsen und dann reifen sehen. Und was, im Gegensatz zu manch anderem Gepflanzten, jedes Jahr auf Neue mit seinen Geschenken an uns wartet.